Unangemeldeter Besuch und der Schock einer verbotenen Wahrheit
Ich stand unangekündigt vor der Tür meiner Tochter und entdeckte, was ich nie wissen wollte.
Manchmal denkt man, Glück sei, wenn die Kinder gesund sind und ihr Leben im Griff haben. Ich galt als glücklich: ein liebevoller Ehemann, eine erwachsene Tochter, entzückende Enkelkinder. Reich waren wir nicht, aber unser Zuhause war voller Harmonie. Was wollte man mehr?
Jana heiratete jung, mit einundzwanzig, einen Mann von fünfunddreißig. Wir sagten nichts dagegen er hatte einen sicheren Job, eine Wohnung in Berlin, war bodenständig. Kein sorgloser Student, sondern ein Fels in der Brandung. Er bezahlte alles das Brautkleid, die Hochzeitsreise nach Bayern, die teuren Geschenke. Die Familie flüsterte: Jana hat ihren Prinzen gefunden.
Die ersten Jahre waren märchenhaft. Die Geburt von Tim, dann von Lena, der Umzug in ein Haus in Potsdam, gemeinsame Wochenenden Doch langsam verschloss Jana sich immer mehr. Ihr Lächeln verblasste, ihre Antworten wurden vage. Alles gut, sagte sie mit leerer Stimme. Mein Mutterherz wusste es besser.
Eines Morgens halte ich es nicht mehr aus und rufe an. Keine Antwort. Eine Nachricht gelesen, aber ignoriert. Ich springe in die S-Bahn nach Potsdam. Überraschung!, sage ich. Eine Lüge.
Sie zuckt zusammen, als sie die Tür öffnet. Keine Freude, nur Verlegenheit. Sie flüchtet in die Küche. Ich spiele mit den Kindern, mache Abendessen, bleibe über Nacht. Spät kommt ihr Mann nach Hause. Eine blonde Strähne klebt an seinem Jackett, ein fremdes Parfüm. Er küsst sie mechanisch. Sie wendet den Blick ab.
Nachts stehe ich auf, um etwas zu trinken. Auf dem Balkon flüstert er ins Telefon: Bald, Schatz Sie ahnt nichts. Mein Glas zittert in der Hand. Übelkeit steigt in mir hoch.
Beim Frühstück konfrontiere ich sie: Weißt du Bescheid? Sie senkt den Blick. Mama, lass gut sein. Alles in Ordnung. Ich schildere, was ich sah und hörte. Sie murmelt wie ein Mantra: Er ist ein guter Vater. Er sorgt für uns. Liebe die verfliegt halt.
Ich verschließe mich im Badezimmer und weine. Meine Tochter ist nur noch ein schattenhaftes Komplizin. Sie tauscht ihre Würde gegen Louis-Vuitton-Taschen und Urlaube auf Sylt.
Abends stelle ich ihren Mann zur Rede. Er zuckt mit den Schultern: Ich verlasse sie nicht. Ich zahle die Rechnungen. Sie will es nicht wissen. Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.
Und wenn ich ihr alles sage?
Sie weiß es. Sie schaut weg.
Schock. In der S-Bahn auf der Rückfahrt ringe ich nach Luft. Mein Mann fleht mich an: Hör auf, sonst verlierst du sie. Aber ich habe sie schon verloren. Sie verkümmert, Tag für Tag, an der Seite dieses Mannes, der sich Affären sammelt.
Ich bete, dass sie eines Morgens vor dem Spiegel erkennt, dass sie mehr verdient hat. Dass Ehre mehr wert ist als Geld. Dass sie die Kinder nimmt und geht.
Ich? Ich bleibe da. Auch wenn sie mich wegstößt. Eine Mutter gibt niemals auf. Auch wenn ihr der Schmerz das Herz zerreißt.