Die goldenen Jahre der Badeanstalten in Oberschlesien und Niederschlesien
Die Sommertage im Vorkriegsschlesien und Niederschlesien hatten ihren ganz eigenen Zauber – das Lachen der Kinder, das Plätschern des Wassers, der Duft aus nahegelegenen Limonadenbuden und manchmal die Eleganz städtischer Badehäuser und Sportbäder. Auch wenn nur wenige dieser Orte bis heute überdauert haben, waren sie in ihrer Zeit wahre Oasen der Erholung.
Von Oppeln über Gleiwitz bis nach Breslau, Waldenburg, Hindenburg (Zabrze) und Kreuzburg – jede Stadt hatte ihre eigene Badegeschichte, die heute wie eine nostalgische Erzählung aus einer vergangenen Welt klingt.
Oppeln – Der Fluss, das Schwimmbad und die soziale Zugehörigkeit
Die Oppelner nutzten schon lange vor dem Bau professioneller Schwimmbäder das städtische Badegelände auf der Pascheke-Insel nahe der Schlossbrauerei. Dort konnte man nicht nur in der Oder baden, sondern auch ein Boot mieten und abseits des Ufers paddeln. Besonders beliebt war das kostenlose städtische Freibad, das 1902 feierlich im heutigen Oderpark eröffnet wurde – mit einer Badeordnung, die unter anderem eine angemessene Badekleidung vorschrieb.

Die Oder war jedoch nicht immer ein verlässlicher Partner – schwankende Wasserstände und starker Strom erschwerten den Wassersport. Als Antwort darauf entstand 1930 ein modernes Sportbad in der Nähe des Bahnhofs Oppeln-Ost. Der Eintritt kostete 30 Pfennig – dreimal so viel wie an der Oder – was mit der Zeit zu einer sozialen Trennung unter den Badenden führte. Die ärmeren Bürger blieben dem Fluss treu, während die wohlhabenderen Oppelner den Luxus der städtischen Schwimmbäder genossen.
Gleiwitz – Von wilden Badeplätzen zu städtischen Investitionen
In Gleiwitz begann alles an der Klodnitz. Schon im 19. Jahrhundert verbrachten die Einwohner heiße Tage an den natürlichen Flussauen. Das erste offizielle Freibad entstand im alten Flussbett, nahe dem heutigen Krakauer Platz und der Kaltwasserstraße, heute: Zimna-Woda-Straße. Nebenan befand sich ein Platz zum Baden von Pferden – heute eine kuriose Vorstellung, damals Teil des städtischen Alltags.
Obwohl das Freibad von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geöffnet war, waren die Preise so hoch, dass viele Bürger auf illegale Badeplätze auswichen. Leider endete das oft in Unfällen und Ertrinkungsfällen, was die Stadt zur Schaffung weiterer Badegelegenheiten bewegte – unter anderem in Richtersdorf (Wójtowa Wieś) und im Gleiwitzer Stadtpark.
Breslau – Hauptstadt der Schwimmbäder und öffentlichen Badeanstalten
Im Vorkriegs-Breslau waren Badeanstalten und Bäder nicht nur Orte der Erholung, sondern auch der Hygiene und sozialen Integration. Die ersten Flussbäder existierten hier bereits ab 1804 – auf den Inseln Werder-Insel (Tamka), Sandinsel (Wyspa Piaskowa), Bleicherinsel (Wyspa Bielarska) und Malzinsel (Wyspa Słodowa) boten sie Badeplattformen, geschützte Schwimmbereiche und gelegentlich Bootsverleih.
„Auch wenn die meisten Vorkriegsbäder und Badeanstalten aus dem Stadtbild verschwunden sind, leben sie weiter in Erzählungen, Fotografien und alten Postkarten.“
Ein legendärer Ort war das Berg-Bad an der heutigen Skłodowska-Curie-Straße (Kaiserstraße) – entworfen von Max Berg mit einem reich verzierten Portal von Alfred Vocke. Es bestand bis in die 1980er Jahre. Ein weiteres Bad in der Ks. Witolda-Straße (Wilhelmsstraße) wurde bereits 1894 eröffnet und war das erste städtische Bad Breslaus. 1920 wurden in der Nähe des Olympiastadions Schwimmbäder gebaut – eines davon war 7 Meter tief und mit einem Sprungturm ausgestattet, was es zu einem der modernsten in der Region machte.
Auch in Brockau (Brochów) und Opperau (Oporów) gab es Freibäder – Letzteres entstand in einer ehemaligen Tongrube, gehörte vor dem Krieg der Hitlerjugend und wurde nach dem Krieg von den Bewohnern Süd-Breslaus geliebt.
Kreuzburg – Ein Pionier unter den Stadtbädern
Am 8. Juni 1918 eröffnete Kreuzburg sein Freibad im Stadtpark. Eine hölzerne Abtrennung teilte das Becken in ein Planschbecken und ein Hauptbecken. Der Komplex bot Sprungbretter, Rutschen und Umkleidekabinen. 1938 konnte die Anlage bis zu 4000 Besucher täglich aufnehmen. Interessant ist, dass Frauen erst zehn Jahre nach der Eröffnung vollen Zugang zum Freibad erhielten.
Hindenburg (Zabrze) – Von der Ziegelei zum Badeparadies
In Maciejow (Maciejów) entstand 1936 auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei das Wald-Freibad “Waldbad”. Der durch Tonabbau entstandene Teich wurde zu einer Freizeitanlage mit Planschbecken, Gastronomie und Bootsverleih umgebaut. Im Gegensatz zu vielen anderen Anlagen existiert dieses Freibad bis heute.
Waldenburg – Baden im Schatten von Fabriken und Bergen
Die Waldenburger Freibäder hatten oft einen industriellen Ursprung. Das älteste befand sich am Härtelteich und wurde besonders bei Jugendlichen immer beliebter. In Dittersbach bei Waldenburg (Podgórze) entstand 1926 im Kampf gegen Tuberkulose ein moderner Badekomplex am Fuße des Schlossbergs – mit Planschbecken, Sprungturm, Sonnenterrassen und Frischwasserzufuhr. Das Bad bestand noch bis in die 1960er Jahre, verfiel danach aber wie viele ähnliche Einrichtungen.

Ein kleineres, aber beliebtes Freibad befand sich in Nieder Salzbrunn. Es war zwar klein, mit einem Holzsteg und Strand, erfreute sich aber bis in die 1970er Jahre großer Beliebtheit.
Erinnerung im Wasser bewahrt
Auch wenn die meisten Vorkriegsbäder und Badeanstalten aus dem Stadtbild verschwunden sind, leben sie weiter in Erzählungen, Fotografien und alten Postkarten. Ihre Geschichte ist nicht nur eine über sommerliche Freuden, sondern auch über gesellschaftliche Veränderungen, den Ausbau der Infrastruktur und lokale Identität. Es lohnt sich, an sie zu erinnern – vielleicht dienen sie eines Tages als Inspiration für neue Freizeit- und Erholungsräume.