Wuschi wurde rausgeschmissen. Schon wieder. Das dritte Mal in seinem kurzen Leben. Ihm schien einfach kein Glück hold zu sein.

newsempire24.com 4 dni temu

Fritz wurde hinausgeworfen. Wieder einmal. Schon das dritte Mal in seinem kurzen Leben. Irgendwie hatte er einfach kein Glück.

Gerade erst ein Jahr alt, und schon aus drei Familien verstoßen. Nun ja, verstoßen. Zuerst wurde er von Hand zu Hand gereicht. Und dann.

Dann trugen sie ihn einfach hinaus, ein Stück weg vom Haus. Sie ließen ihn in einer Mülltonne zurück und liefen davon, damit er nicht den Weg nach Hause finden konnte. Doch er suchte auch nicht.

Er hatte es verstanden. Sofort verstanden. Am Gesichtsausdruck des Mannes. Dessen Frau war sehr verärgert gewesen, als Fritz das neue Ledersofa zerkratzt hatte.

Sehr teuer. Und sie sprach das Urteil. Und der Mann? Was sollte der Mann schon tun? Er stimmte ihr in allem zu.

Er nahm den einjährigen Kater unter den Arm und ging zum Müllcontainer im Nachbarhof.
Fritz wäre ihm nicht hinterhergelaufen. Nein, bestimmt nicht. Er hatte das Urteil in seinen Augen gesehen und verstanden.

Alles sinnlos. Ein letzter Abschied, wenigstens ein paar streichelnde Worte, eine Entschuldigung aber nein.

Es war einfach nicht menschlich. Als hätte man bloß einen Eimer Abfall ausgeschüttet.

Fritz seufzte und suchte im Müll nach etwas Essbarem, kaute an alten Hühnerresten. Er kletterte heraus und setzte sich neben den großen grünen Container. Er blickte zur Sonne.

Er blinzelte, wandte sich aber nicht ab. Von dieser großen, hellen Scheibe kam Wärme. Und das gefiel ihm sehr.

Es waren die letzten Sonnenstrahlen. Strahlen des Sommers, des Herbstes, des Winters. Eine kleine Wärme. Und eine dünne Eisschicht schmolz.

Doch in Fritzens Seele war alles erstarrt.

Der Abend und die Nacht waren kalt. Nach Sonnenuntergang nahmen sich Wind und Frost ihrer Aufgabe an.

Der rote Kater fror. Er wusste nicht, wohin er gehen oder wie er sich verstecken sollte, also kroch er in einen großen Haufen welker, rostroter Blätter und rollte sich zusammen. Zuerst war es eiskalt, und er zitterte, doch dann.

Dann, als sein rotes Fell vom eisigen Wind steif geworden war, wurde es irgendwie wärmer, und das Zittern ließ nach. Eine Stimme im Inneren flüsterte ihm tröstende Worte zu.

Sie wiegten ihn in den Schlaf, forderten ihn auf, die Augen zu schließen und all den Kummer und das Leid zu vergessen.

“Roll dich noch enger ein und schlaf. Schlaf, schlaf, schlaf.” Er spürte die Wärme.

Sie breitete sich in seinem erstarrten Körper aus.

Es war so einfach. Man musste nur aufgeben, dann würde alles vorübergehen. Dann kämen Ruhe und Ewigkeit. Der Schmerz würde verschwinden.

Fritz seufzte ein letztes Mal und willigte ein. Wozu kämpfen? Wofür?

Morgen würde ihn wieder dieselbe Kälte und derselbe Hunger erwarten. Und derselbe Wunsch, die Augen zu schließen und sie nie, nie wieder zu öffnen.

Die Straßenlaternen flammten zuerst in der Ferne auf. Und Fritz blickte ein letztes Mal zu ihnen. Oft hatte er ihr Licht vom Fenster aus beobachtet. Der rote Kater sog dieses Licht ein letztes Mal in sich auf, und seine Augen funkelten in der dunkler werdenden Nacht.

Dieser letzte Lichtschein erregte die Aufmerksamkeit eines kleinen rothaarigen Mädchens. Sie ging mit ihrem Vater nach Hause. Sie zupfte ihn am Ärmel.

“Da”, sagte sie, “da im Laub, da ist jemand.”

“Da ist niemand”, brummte der Vater und zog sich vor Kälte zusammen. “Komm, wir gehen schnell nach Hause. Ich friere.”

Er versuchte, sie von dem großen, dunklen Laubhaufen wegzuziehen. Doch das rothaarige Mädchen zuckte mit den Schultern.

“Ich habe es gesehen. Ich habe das Licht gesehen.”

“Licht in einem Haufen alter Blätter?” Der Vater wunderte sich. “Das kann nicht sein. Unmöglich.”

Doch das Mädchen war schon dort, wühlte in den Blättern und stieß auf ihn. Auf den roten Kater.

“Papa!” schrie sie.

“Ich hab’s doch gesagt. Da ist er.”

“Wer ist er?” Der Vater trat näher.

“Hier, er.” Das Mädchen versuchte, den steifen Körper hochzuheben.

“Lass ihn”, sagte der Vater. “Er ist schon tot. Wir können doch keinen toten Kater mit nach Hause nehmen.”

“Er ist nicht tot”, widersprach das rothaarige Mädchen. “Ich weiß es. Ich weiß es. Er lebt. Ich habe das Licht in seinen Augen gesehen.”

“Licht in den Augen eines Katers?” Der Vater zuckte die Schultern.

Er beugte sich noch näher, hob den Körper hoch und versuchte, einen Herzschlag zu spüren.

Doch Fritz wollte nur schlafen. So sehr. Der Schlaf klebte seine Lider zu, und Wärme erfüllte seinen Körper. Die Stimme in ihm flüsterte weiter.

“Schlaf, schlaf, schlaf… Öffne die Augen nicht.”

Doch diese andere Stimme. Diese zarte Kinderstimme bestand hartnäckig darauf.

“Das Licht in seinen Augen.”

“Was wollen sie von mir? Warum quälen sie mich jetzt noch? Warum lassen sie mich nicht in Ruhe einschlafen?”

Mit letzter Kraft öffnete er die Augen, um die Störenfriede zu sehen.

“Da!” rief die Kinderstimme. “Da! Ich hab’s doch gesagt. Hast du es gesehen? Wieder! Das Licht!”

“Was für ein Licht?”

Doch der Vater zog seine Jacke aus, wickelte den roten Körper hinein und ging Richtung Haus.

Seine Tochter lief neben ihm her.

“Papa, bitte, schneller. Ihm ist so kalt.”

Sie verschwanden im Hausflur, und wenig später flammte Licht im Fenster der fünften Etage auf.

Fritz wurde mit warmem Wasser gebadet und mit erwärmter Milch getränkt. Und das Mädchen. Das Mädchen flehte ihn an.

“Bitte stirb nicht. Bitte stirb nicht.”

Und das Eis auf seinem Fell schmolz. Und in seiner Seele schmolz es auch.

Der große rote Kater beobachtete verwundert, wie der Vater und die Tochter sich um ihn kümmerten. Er war nun wach, und jetzt war ihm wirklich warm.

Diese Wärme durchdrang sein ganzes Wesen. Nein, sie kam nicht von den Heizkörpern. Sie kam von diesem kleinen Kinderherz.

Und draußen stand er. Der, der manchmal kommt, um zu helfen.

Er stand da und blickte zu den erleuchteten Fenstern im fünften Stock.

Er stand da und sprach.

“Alles, was ich kann. Alles, was ich kann.”

Er blieb stehen, dachte kurz nach und fügte hinzu.

“Das Licht nicht jeder sieht es. Nicht jeder. Und nicht jeder, der es sieht, kann es bewahren.”

Doch Fritz, der das rothaarige Mädchen ansah, dachte nicht über die Größe des Menschen nach. Darüber denken Menschen. Er dachte an sein eigenes Glück.

Er hatte das Licht gesehen. Das Licht in ihren Augen.

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