Niederschlesiens kulinarisches Erbe umfasst viele einzigartige Gerichte wie Häkerle oder Striezel. Ein Klassiker unter den Fleischgerichten ist das Schlesische Himmelreich, das früher auch oft zu Weihnachten serviert wurde.
Das sind die ersten Assoziationen, die mir in den Sinn kommen, wenn ich an die typischen kulinarischen Spezialitäten der Region denke. Diese Gerichte waren den einheimischen Bewohnern, die in der Vorkriegszeit in Niederschlesien lebten, sehr gut bekannt. Bedeutet das jedoch, dass die Erinnerung an sie heute verloren gegangen ist und niemand mehr so kocht, wie es die Autochthonen damals taten? Jein.
In Asche gebackene Kartoffeln in der Schale, halbiert und mit Quark sowie Butter belegt – das sind die Geschmäcker meiner Kindheit. Auch bei kleinen Ausflügen durch Niederschlesien kann man hin und wieder traditionelle Produkte entdecken. Pfefferkuchen aus Bardo (Wartha), die Liegnitzer Bombe, das Bier „Breslauer Schöps“ oder der Bunzlauer Mandelkuchen werden hier und da noch auf traditionelle Weise hergestellt und können als Slow Food in gemütlicher Atmosphäre genossen werden.
Ich finde es jedoch wirklich schade, dass die jahrhundertealte Tradition der Zubereitung von erlesenen Gerichten des alten Niederschlesiens allmählich verloren geht. Schließlich ist Niederschlesien nicht nur reich an märchenhaften Palästen und Schlössern, sondern auch an köstlichen regionalen Spezialitäten.
Da wir gerade die Adventszeit genießen, möchte ich etwas mehr Aufmerksamkeit auf die niederschlesische Küche lenken.
3 Schuppen vom Weihnachtskarpfen
Der König des Abends war der Karpfen.
Besonders in der Nähe der zahlreichen Fischteiche beiSulau/Sułów, Militsch/Milicz oderLiegnitz/Legnicawar er ein absolutes Muss. Bis heute dreht sich in der niederschlesischen Weihnachtszeit alles um den Karpfen. Dabei darf man nicht vergessen, drei Schuppen vom Weihnachtskarpfen ins Portemonnaie zu stecken. Dieser Brauch soll der Familie das ganze Jahr über finanziellen Wohlstand sichern. Auch in meiner Familie pflegen wir diese Tradition jedes Jahr.
Süßes wirkt Wunder
Egal ob im Advent, zu Weihnachten oder einfach unter der Woche – in der Vorkriegszeit war ein Tag ohne Süßigkeit überhaupt nicht vollkommen.
„Sträselkucha, dar wirkt Wunder!” schrieb der Mundartdichter Hermann Bauch (geb. 1856 in Heidersdorf, heute Łagiewniki) in seinem Loblied über die niederschlesische Küche:
Über schläsche Sträselkucha
tuut halt eemol nischt nich giehn!!
Woas is Spritz- und Appelkucha.
Babe mit und ohne Moh?
Woas sein Krappla, Pratzeln, Torte
Strietzel, Ee- und Zwieback o?
Nischt wie latschiges Gepomper
doas ma gerne läßt ei Ruh;
doch vom schläscha Sträselkucha
koan ma essa immerzu.
Über schlesischen Streuselkuchen
geht nun einmal gar nichts!
Was ist Spritz- und Apfelkuchen,
Topfkuchen mit und ohne Mohn?
Was sind Krapfen, Bretzeln, Torte,
Strietzel, Ein- und Zwieback auch?
Nichts als lottriges Gepampe,
Das man gerne stehen läßt;
Doch vom schlesischen Streuselkuchen
Kann man immerzu essen!
(eine ungefähre Übersetzung, Quelle: Wikipedia)
Rezept für Schlesischen Streuselkuchen
Zutaten: 750g Mehl, 50-60g frische Hefe, ¼ l Milch, 125g Butter oder Margarine, 125g Zucker, 1-2 Eier, evtl. Vanillezucker, etwas Salz.
Zubereitung: Zunächst einen Vorteig aus 2 EL Mehl, 50-60g Hefe und 100ml Milch bereiten, der aufgehen muss (Zeit: 30min.). Dieser wird sodann mit den übrigen Zutaten (Mehl, Milch, Salz, Butter oder Margarine, Zucker, Eier, Vanillezucker) vermengt und geknetet. Auf dem vorbereiteten Blech muss er nach dem Ausrollen noch einmal gehen. Man kann unter diesen Teig auch wahlweise in Rum getränkte Rosinen mischen.
Für die Streusel benötigt man: 600g Mehl, 250g Zucker, abgeriebene Zitronenschale oder Vanillezucker (nach Wunsch auch gemahlene Mandeln, etwas Muskat), 1 Teelöffel Backpulver, 300g Butter oder Margarine.
Die Streusel werden hergestellt, indem man die heiße Butter vorsichtig mit den übrigen Zutaten vermengt und zu einer krümeligen Masse verarbeitet. Sie wird sodann auf dem mit Butter bepinselten Blechkuchen, auf dem Teigboden, verteilt. Der Kuchen wird ca. 45 Minuten bei 180-200 Grad Hitze gebacken, man kann ihn nach Belieben mit Puderzucker bestreuen.
(Rezept nach: “Schlesien Lexikon” von Klaus Ullmann im Adam Kraft Verlag)
Weihnachtsgrüsse nicht vergessen!
Früher wurden Weihnachtskarten traditionell per Post verschickt. Heutzutage haben wir dank neuer Technologien viele Möglichkeiten. Wichtig war und bleibt: Lasst uns Freude und die stimmungsvollen Festtage miteinander teilen.
Ich würde mich auch sehr freuen, wenn sich unter Ihnen jemand finden würde, der über originale Rezepte, Erinnerungen oder Hinweise zu kulinarischen Neuheiten der alten niederschlesischen Küche verfügt. Diese war geografisch immer ein Schmelztiegel vieler Kulturen. Das Teilen dieses Schatzes und der Kontakt mit mir (unter der Adresse der Wochenblatt-Redaktion) wären ein fantastisches Weihnachtsgeschenk.
Zum Anlass des kommenden Weihnachtsfestes schließe ich mit 1000… Grüßen an Sie, liebe Leserinnen und liebe Leser. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und wundervolle Momente am festlich gedeckten Weihnachtstisch. Den Weihnachtswünschen schließen sich auch die Teilnehmer des Deutschkurses an, der im Rahmen des Projekts ‚LernRAUM.pl‘ stattfindet und im Sitz der DSKG Breslau durchgeführt wird.
Gedenken Sie dabei auch Ihrer Vorfahren und deren Geschichte.
Gretchen Janik